Vom Arlberg zum Großen St. Bernhard (die Geschichte vom gütigen Wettergott)

Nach einer gefühlten Ewigkeit schlechten Wetters und zweimaliger Terminverschiebung starten mein Gast und ich am 1. Mai endlich zu unserer alljährlichen Frühjahrsskitour.

Erstes Tourenziel: der Hohe Riffler im Verwall. Wir starten in Flirsch am Arlberg um 3:15. Zunächst ist Skitragen angesagt; da es gute 600 Höhenmeter bis zum Schnee sind, schnallen wir auch die Skischuhe an den Rucksack und gehen mit bequemen Turnschuhen. In der Morgendämmerung erreichen wir die Gampernunalpe, wo wir (endlich) die Ski anschnallen können. Es herrscht eine starke Südföhnlage und ist dementsprechend mild. Aber dank der klaren Nacht hat es  einigermaßen gut durchgefroren und wir kommen zügig voran. Nach gesamt 6 Stunden erreichen das Skidepot. Der nun folgende Gipfelanstieg ist steil, der Südföhn weht nun schon stark und die gefühlte Temperatur ist entsprechend kalt. Mit Steigeisen überwinden wir den ersten Steilhang – dieser ist pickelhart gefroren, daher muss ich meinen Gast sichern. Fixpunkte sind hier spärlich, aber glücklicherweise schaut nach 30 m ein Fels mit Riss aus dem Schnee, der perfekt zu meinem (einzigen) Cam passt. Der folgende Felsgrat sieht „bissig “ aus,  erweist sich aber -nach einiger Putzarbeit- als einfach. Nach 2 Stunden „Kletterarbeit“ und gesamt 2100 Höhenmetern schütteln wir uns am höchsten Punkt die Hände. Wir beeilen uns nun mit dem Abstieg, denn die Zeit ist schon fortgeschritten und wir wollen noch halbwegs guten Schnee für die Abfahrt. Bereits etwas weich ist es schon, doch auch das kriegen wir hin und können nach einer Gesamtzeit von knapp 11 Stunden die Tour erfolgreich abschließen.

Tag 2: wir haben entschieden, noch eine Tour im Arlberg Gebiet zu machen, denn der Wetterbericht prognostiziert bis in den frühen Nachmittag hinein brauchbares Wetter. Die Nacht war jedoch bedeckt, Temperatur- und Taupunktkurve passen nicht gut und so muss der Maroikopf -eine einfache Skitour in der Nähe des Arlbergpasses- „herhalten“. Wir nutzen den Vorteil des geschlossenen Skigebiets und steigen anfangs über Pisten, später in freiem Gelände von der Alpe Rauz zum Gipfel. Dort bläst der Föhn schon wieder kräftig und der Schnee ist wider erwarten recht hart. Da gehen sich sogar ein paar Schwünge im Firn aus, den Rest „erledigen“ wir über die aufgeweichte Piste. Nun wollen wir weiter ins Unterwallis nach Bourg S. Pierre, das wir nach langer Autofahrt am frühen Abend erreichen.

Tag 3: über Nacht hat es bis ins Dorf herunter geschneit. Jetzt am Morgen hängen tiefe Wolken über den Bergen. Wir entscheiden uns für eine einfache Skitour von Bourg. S. Bernard aus (Beginn der Passstrasse auf den Großen St. Bernhard). Die nach Südosten abzweigende Combe de Drône mit den Monts Telliers soll unser Ziel sein. Nach ein paar 100 Höhenmetern stecken wir jedoch schon in besagter Wolkendecke. Dichter Nebel lässt die Sichtweite auf unter 50 m schrumpfen und das unübersichtliche Gelände bietet keine Linie, an der man sich orientieren könnte. Mit GPS navigiere ich bis zum steilen Gipfelhang, wo wir abfellen und in feuchtem, aber erstaunlich gut fahrbaren Schnee unsere Kurven ins Tal ziehen.

Tag 4: gestern abend hat es wieder zu regnen, später zu schneien begonnen. Doch spätestens um Mitternacht klart es auf und wird entsprechend kalt. Gute Voraussetzungen für unseren kühnen Plan: auf den Mont Velan vom Tal aus. Mit dem Gegenanstieg zur Cabane du Velan sind das weit über 2000 Höhenmeter. Etwas oberhalb von Bourg S. Pierre starten wir mit am Rucksack aufgeschnallten Skiern (die ersten ein- bis eineinhalb Wegstunden sind hier fast immer schneefrei) bei sternenklarem Himmel. Kurz nach 8 Uhr erreichen wir die Cabane du Velan – Zeit für ein zweites Frühstück! Dann geht’s gleich weiter über den Glacier du Tseudet zum Col de la Gouille. Glücklicherweise sind die 4 Spanier, die wir gestern in Bourg S. Bernard getroffen haben, schon mit der „Spurarbeit“ beschäftigt. Kurz vor dem Col gehe ich wieder an die „Front“ und kämpfe mich in kombiniertem Steilgelände auf die Scharte hoch: der Weg, wenn schneefrei, gut mit Ketten gesichert, erweist sich als äußerst heikel. Die Sicherungen sind großteils unter Schnee begraben und im felsdurchsetzten, durchschnittlich 45° geneigtem Gelände,  wechseln tiefe Triebschneepakete, knallharte Harschdeckel und schwimmschneebedeckte Felsen im 2-Meter Takt. Ich arbeite mich immer weiter von Fixpunkt zu Fixpunkt, sichere meinen Gast nach und schlussendlich erreichen wir den Col. Im steilen Schnee steigen wir nun jenseitig auf den Glacier de Valsorey ab. Endlich wieder im Skigelände gehen wir mit Fellen weiter über den Gletscher Richtung Gipfel. Mittlerweile ist letzterer schon eingehüllt, also ist das Wetter nicht so stabil, wie es am Morgen den Anschein hatte. Da wir kein unnötiges Risiko eingehen wollen, entscheiden ich bei knapp 3400 m, die Tour abzubrechen. Angesichts der Tatsache, dass wir hier oben bei Nebel ein grobes Orientierungsproblem hätten und auch keinen Handyempfang haben (professionelle Rettungskräfte könnten bei schlechter Sicht ohnehin nicht kommen), ist dies die einzig richtige Entscheidung. Nach einer „40/60-Abfahrt“ (40% Bruchharsch, 60% Firn) und dem obligatorischen Gegenanstieg zur Hütte ist es eine Wohltat, das kühle Panachè durch die ausgetrockneten Kehlen rinnen zu lassen.

Tag 5: das Wetter ist wechselhaft, über Nacht war es teilweise klar, hat aber auch ein wenig geschneit. Wir nutzen die wenigen Sonnenfenster für den Steilaufstieg zum Petit Velan und die direkte Abfahrt nach Bourg S.  Bernard – ein gelungener Abschluss, diesmal mit einer 30/70-Abfahrt ;-)).

 

 


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